Quasimondo: Mit Algorithmen und Daten zu neuen Gesichtern

Wer sich mit Künstlicher Intelligenz und Kunst beschäftigt, kommt an Mario Klingemann nicht vorbei. Wieso er sich Quasimondo nennt und was dies mit einem Bon-Bon zu tun hat, verrät er in diesem Interview.

Deposed 001 by Mario Klingemann, 2021 - https://objkt.com/asset/hicetnunc/65888

Mario Klingemann aka Quasimondo ist ein Künstler und ein Skeptiker mit einem neugierigen Geist. So stellt er sich auf seiner Website vor. In den 90-er Jahren gestaltete er noch Flyers für Technoklubs, mittlerweile sind seine bevorzugten Werkzeuge neuronale Netze, Code und Algorithmen. Gegenüber NFTs und deren Marketplaces war er lange skeptisch. Mit der Plattform hic et nunc hat sich dies letztes Jahr geändert. Regelmässig und oft überrascht Quasimondo mit neuen Werken und Projekten.

Lieber Mario, wieso der Name Quasimondo?

Den Namen Quasimondo habe ich Anfang der 2000er Jahre adoptiert. Das war die Zeit in der ich immer, wenn mir ein interessantes Wort oder ein Projekt eingefallen ist, geschaut habe, ob die .com Domain noch zu haben war. Quasimondo gefiel mir, weil es damals nur 10 Suchergebnisse bei Google dazu gab, die meisten davon Tippfehler von "Quasimodo" und weil ich den Buchstaben "Q" schon immer als den interessantesten und seltensten im Alphabet fand (10 Punkte bei Scrabble). Ich sage immer, das sich Quasimondo so rund und geschmeidig wie ein Bon-Bon im Mund anfühlt.

Als dann etwas später die Blogging-Welle losging, hatte ich dann diese Domain hergenommen um über meine Experimente zu schreiben. Dann kam Twitter und nachdem mein Blog in der Zwischenzeit recht beliebt geworden war, hatte ich dann Quasimondo auch als mein handle verwendet. Die praktische Überlegung war dann natürlich auch, dass dieser Name normalerweise immer zu haben ist, wenn ein weiteres soziales Netzwerk seine Türen öffnet. 

Mit der NFT-Plattform hic et nunc tauchte im Frühling 2021 ein neuer Player auf dem NFT-Markt auf und überraschte mit tiefen Transaktionenkosten. Quasimondo war von Anfang an dabei und hat sich für die Weiterentwicklung der Plattform hic et nunc stark engagiert. Er hat Einträge auf github verfasst oder die Website here-or-there.glitch.me erschaffen, auf welcher alle bisher “geminteten” Objekte zu einer Art Weltkugel formiert wurden. Er veröffentliche aber nicht nur neue Werke, sondern auch ältere, wie zum Beispiel der Voronoi Loop #02, welcher 2012 erstmals auf dem Blogdienst Tumblr zu sehen war.

Einige digitale Fotos von “Memories of Passerby I wurden auf der NFT-Plattform hic et nunc verkauft. “Memories of Passersby I” ist ein Werk von Mario Klingemann, welches dank Künstlerischer Intelligenz auf zwei Bildschirmen spontan Gesichter imaginärer Männer und Frauen erstellt. Das Werk wurde 2018 bei Sotheby’s versteigert.

Wer sich für Künstliche Intelligenz und Kunst interessiert, stolpert eher früher als später über deinen Namen und dein Werk “Memories of Passersby I”. Siehst du dieses Werk auch als Meilenstein in dieser Kunstsparte (Artificial Intelligence-Art) an? Oder über welche andere AI-Kunstwerke denkst du, wird noch in 50 Jahren gesprochen?  

Als Künstler hofft man natürlich immer, dass ein paar seiner Werke n der Kunstgeschichte Spuren hinterlassen. Zumindest wenn ich mich umsehe um zu schauen, was an anderen AI-Werken in derselben Zeit geschaffen wurde, entdecke ich da nicht sehr viel Vergleichbares. Das mag natürlich an meiner Filter-Bubble liegen, aber wie du schon sagtest: man kann es kaum vermeiden darüber zu stolpern, wenn man sich mit der AI-Kunstgeschichte befasst.

Die Frage über was man in 50 Jahren noch sprechen wird, ist natürlich sehr davon abhängig, an was man sich heute noch erinnert. Es gibt natürlich immer Mal wieder "Entdeckungen", wo zu Lebzeiten völlig unbekannte Kunstschaffende oder Kunstwerke Jahrzehnte später in einem Archiv wiedergefunden werden.

Botto ist ein weiteres Projekt von Quasimondo, welches dank Künstlerischer Intelligenz Objekte erschafft. Die Community meldet Botto ihre favorisierten Werke. Mit dem generativen Algorithmus wird so ein Bild erstellt, welches im Anschluss auf der NFT-Plattform SuperRare zur Versteigerung kommt. Botto soll insgesamt während 52 Wochen 52 Kunstwerke erzeugen, welche zum Verkauf angeboten werden. 

Botto soll aber nicht nur online in Erscheinung treten. Im Februar 2022 gibt es eine Ausstellung in Los Angeles, wenig später ist die Präsentation der Botto-Bilder in der Colección SOLO in Madrid geplant.  

Mario Klingemann meint zum Projekt Botto: „Meine Utopie ist es, mit Botto so etwas wie ein universelles Grundeinkommen für alle zu schaffen, die an dieses Konzept glauben und in der Lage sind, einen kleineren oder größeren Anteil daran in Form von $BOTTO zu erwerben. Denn sobald man Anteile an Botto hat, macht die KI ja den Rest der Arbeit und ist, was die Unterhaltskosten betrifft, eher genügsam, so dass der Großteil der Einnahmen durch die Kunstverkäufe indirekt an seine Anteilhaber geht. Die Produktionsmittel sind also in diesem Fall nicht in den Händen weniger, sondern jeder kann daran teilhaben – muss dafür aber nicht mehr selber arbeiten.“

Publikumsmagnet an der Art Basel Miami Beach war ein weiteres Projekt von Quasimondo: 0xC0FACE COLLECTION. Im Dezember 2021 konnten Besucher:innen ein Porträt in Echtzeit generieren lassen. Das Porträt wurde gemeinsam von einem menschlichen und einem maschinelle Algorithmus erstellt, entworfen von Mario Klingemann. Durch die Interaktionen der Personen entstanden für die 0xC0FACE COLLECTION fast 5’000 einzigartige NFTs. In diesem Interview verrät Quasimondo mehr über den generativen Algorithmus.

Die Frage, ob Kunstmaschinen in naher Zukunft in der Lage sein werden, „interessantere Werke“ als Menschen zu kreieren, wird Quasimondo sicher weiterbeschäftigen.

Wer in Sachen Quasimondo auf dem neusten Stand sein will, folgt Mario Klingemann am besten auf Twitter.

Randomly Common Skeles, Botto, GoldenNFT, Neonz, The Greats und Metawalls. Diese NFT-Kunstprojekte gaben im Oktober zu reden. Und sie werden auch in Zukunft ein Thema sein.

randomly common skeles - Einzigartige animierte Skelette von jjjjjjjohn

🤠🤓💋🍩🎾💀🌭❤ - randomly generated skeleton .gif by john karel. coding by objkt.com - https://objkt.com/asset/rcs/872107296215059928834433895029229405813130658266649832960235222111626342682

Zur Überraschung vieler präsentiere John Karel zu Halloween einen generativen Open-Edition-NFT-Drop: Randomly common skeles. Während 24 Stunden war das Verkaufsfenster geöffnet. In dieser Zeit haben mehr als 5’000 Personen über 37‘000 Objekte generiert. Jeder “skeles” ist animiert und einzigartig. Theoretisch hätten 10’000’000’000’000’000 unterschiedliche Skelett-Kreationen erstellt werden können. Der Verkaufspreis betrug 5 Tezos (zirka € 25), mittlerweile ist der Floor-Preis für ein Skelett schon doppelt so hoch.

John Karel ist vor allem unter dem Namen jjjjjjjjjjohn bekannt. Auf Tumblr veröffentlicht er seit Jahren zahlreiche Animationen. Auf der NFT-Plattform Hic et Nunc erzielt er mit seiner Fensterserie Höchstpreise, für “Window Still Life 038” - eine Einzeledition - 5’500 Tezos (zirka € 300’000). Als er “Windows Still Life 037” in einer hohen Auflage (727 Editionen) veröffentliche, dachte wohl niemand daran, dass dieses NFT für zwischenzeitlich 80 Tezos (zirka € 400) verkauft wird.

Die Preise für die Skelette werden sich mit Bestimmtheit hochschrauben. Ich erfreue mich an meiner Kombination - 🤠🤓💋🍩🎾💀🌭❤.


Botto – Künstliche Intelligenz macht Kunst  

Dank Künstlicher Intelligenz schafft Botto 350 Objekte pro Woche und präsentiert sie der Community zur Wahl. Stimmen aus der Community melden Botto, was als ästhetisch ansprechende Kunst betrachtet wird. Wer abstimmen will, muss im Besitz des Krypto-Token Botto sein. Die Stimmen werden als Feedback für den generativen Algorithmus von Botto verwendet. Einmal pro Woche versteigert Botto so 1 auserwähltes Kunstwerk auf der NFT Plattform SuperRare. Die Künstliche Intelligenz soll insgesamt während 52 Wochen 52 Kunstwerke erzeugen, welche zum Verkauf angeboten werden. 

Bisher wurden 2 Kreationen auf SuperRare angeboten. Beide wurden zu sehr stolzen Preisen verkauft: 79’21 Ether und 100 Ether (ungefähr € 400,00)

Mitinitiant von Botto ist der Künstler Mario Klingemann. Er meint. „Meine Utopie ist es, mit Botto so etwas wie ein universelles Grundeinkommen für alle zu schaffen, die an dieses Konzept glauben und in der Lage sind, einen kleineren oder größeren Anteil daran in Form von $BOTTO zu erwerben. Denn sobald man Anteile an Botto hat, macht die KI ja den Rest der Arbeit und ist, was die Unterhaltskosten betrifft, eher genügsam, so dass der Großteil der Einnahmen durch die Kunstverkäufe indirekt an seine Anteilhaber geht. Die Produktionsmittel sind also in diesem Fall nicht in den Händen weniger, sondern jeder kann daran teilhaben – muss dafür aber nicht mehr selber arbeiten.“

Botto soll aber nicht nur im Internet in Erscheinung treten. Im März 2022 ist eine erste Ausstellung der Botto-Bilder in der Colección SOLO in Madrid geplant.  


GoldenNFT – ein Haus für eine afghanische Familie

havewesucceededinbuyingthegoldenvisayet.gif von !MEDIENGRUPPE BITNIK - https://goldennft.art/de/nfts/6f7cd06c0a

GoldenNFT nennt sich das Projekt des Kunstkollektivs Peng. Mit dem Erlös von NFTs soll eine fünfköpfige Familie aus Afghanistan ein Haus in Portugal kaufen und so das Visumverfahren beginnen können. Die Personen kommen somit nicht als Geflüchtete, sondern als Investoren in die EU.

Am 20. Oktober 2021 war der Auftakt dieses Experimentes. Eine Sammlung von 5’555 NFTs wurde zum Einzelverkauf angeboten. Unter den Werken waren 16 Originale, unter anderem von Sibylle Berg, !Mediagroup! Bitnik, UBERMORGEN oder Yes Men.

Die übrigen 5’539 Werke waren Collectibles, die ein Skript auf Grundlage der Originale angefertigt hat. Der Verkauf der einzelnen Werke fand verdeckt statt.

Der Run auf die NFTs blieb aus, vielleicht auch weil der künstlerische Wert der einzelnen NFTs sehr unterschiedlich ist. Trotzdem, die Idee ist mutig und überzeugt. Auf jeden Fall konnten dank dem Verkauf bisher 24 Ether erwirtschaftet werden, was etwa 95’000 € entspricht.

Ich hoffe, dieses Geld reicht, um den Visa-Prozess zu starten. Ich wünsche der Familie schon jetzt eine gute Reise!

Übrigens: Ich bin ein glücklicher Gewinner eines Originals. Mein aufgedecktes GoldenNFT brachte das Glitched Video von Rui Major zum Vorschein.


 Neonz – bis bald im Metaverse

NEONZ #8499 by NEONZ - https://objkt.com/asset/neonz/8499

Neonz ist eine limitierte Sammlung von 10’000 einzigartigen Avataren auf der Tezos-Blockchain, die zufällig aus futuristischer Neon-Charakterkunst des Künstlers Sutu generiert wurden. Jeder generierte Avatar enthält handgezeichnete statische und animierte Kunst, die in der Cyberkultur verwurzelt ist.

Sutu ist ein Pionier der digitalen Kunst und Kultur. Im Laufe der Jahre hat er interaktive digitale Comics geschaffen. Er hat Virtual-Reality-Filme erstellt und zeigte sich für virtuelle Konzerte von The Weeknd, John Legend oder Jean-Michel Jarre verantwortlich. Auf der NFT-Plattform Hic et Nunc ist er erfolgreich mit der Serie «Hand Drawn Neos» unterwegs.

Neonz ist das erste Projekt des Sutuverse – das Metaverse von Sutu. Und hier liegt das Spannende für die Zukunft. Wer im Besitz eines Neonz ist, erhält bald Inhalte in Augmented Reality und Virtual Reality freigeschaltet.

Mir gehören 4 von 10'000 Neonz. Die einzelnen Neonz sind verschieden rar. Meine sind auf in der Raritäts-Rangliste auf den Positionen 2157, 3207, 7600 und 9705. Die seltensten Variationen von Neonz werden für 10’000 Tezos (zirka € 50’000) zum Verkauf angeboten. Der Startpreis der Neonz-Avatare betrug 20 Tezos (zirka € 100 Euro).


The Greats – Beltracchi malt und verkauft wieder

Wolfgang Beltracchi, der bekannte Maler und Kunstfälscher, ist wieder in den Schlagzeilen. Er wird von Galerien, Museen oder Auktionshäusern geschmäht. Die Blockchain aber kennt die gesetzbrechende Vergangenheit von Beltracchi nicht. Der NFT-Markt kommt wie gerufen.

Der Künstler reist auf „The Greats“ durch 7 verschiedene Epochen der Kunstgeschichte. Er schafft Gemälde mit der Figur von Salvator Mundi von Leonardo da Vinci. Diese vermischt er mit Stilen von Picasso, Van Gogh, Warhol oder Lichtenstein.

Zu kaufen gibt es aber nicht das Gemälde, sondern das Foto des Werks als jpg. Die Sammlung besteht aus insgesamt 4‘608 originalen digitalen Kunstwerken. Diese werden je NFT für mindestens 3 Ether verkauft. Die Käufer:innen können aber nicht ein gewünschtes Werk aussuchen, es wird ihnen sozusagen zugelost. Dies ist Teil des durchdachten Konzepts. Das Zufallsverfahren hat zur Folge, dass einige Käufer:innen ihr Bild weiterverkaufen oder ein zusätzliches erwerben wollen.

Bisher sind über 300 NFTs verkauft worden, was einem Umsatz von etwa 3 Millionen Euro entspricht. 4608 «Mundis» sind noch zu vergeben (Stand 6.11.2021).


Metawalls – von der Berliner Wall in die Wallet

Doin it cool for the East Side II aka 'Moneymachine' | Part 1 by Jim Avignon - https://metawalls.io/nfts/preview/145

Dank Banksy hat sich Streetart im Kunstmarkt etabliert. Doch Streetart ist vergänglich, oft auch illegal. Es sind nur wenige Kunstschaffende, die ihre Werke in einer Galerie präsentieren dürfen.

Metawalls bringt nun Spraykunst von der Berliner Mauer in die Blockchain. Ein hochauflösendes Bild eines Kunstwerks wird zerstückelt. Die Künstler:innen bestimmen Anzahl und Preise der Stücke.

Ebenso zukunftsorientiert ist die Tatsache, dass den Street Artists direkten Zugang im Metaversum eröffnet wird. Eine Galerie im Decentraland präsentiert die Werke. Und nicht irgendwo, sondern an bester Lage, im Kunstviertel Voltaire.

Der Start von Metawalls in geglückt. 125 NFTs von Jim Avignons wurden im Pre-Sale rasch verkauft. Am 9. November 2021 startet nun der offizielle Verkauf über Open Sea. Jim Avignon kündigte an, den Erlös an die Berliner Obdachlosenhilfe zu spenden.

Das Projekt kann Schule machen. Nicht nur in Berlin gibt es Streetart. Wände und Mauern in Bogota, Belfast oder Istanbul warten darauf, digitalisiert zu werden und als NFT in die Blockchain zu wanden.


Welche NFT Kunstprojekte sind dir im Oktober aufgefallen und noch in Erinnerung?