CryptoArt ist für viele ein Rettungsschirm während der Pandemie geworden, auch für die Künstlerin Ann Ahoy.

In Mexiko hat Ann Ahoy eine zweite Heimat gefunden. Die Tätowiererin und Illustratorin wohnt in Mexiko City mit 3 anderen CryptoArtists zusammen. Sie sagt: “CryptoArt ist eine globale Kunstbewegung die immer noch in den Kinderschuhen steckt und wir bauen sie hier gemeinsam auf!”

Ann, Du arbeitest als Tätowiererin und Illustratorin, du malst am Körper und am Computer. Welches sind da die Gemeinsamkeiten?

Die Motivwahl ist das verbindende Element: In beiden Berufen arbeite ich mit surrealen Kompositionen und Themen die Identität, Transformation und unsere menschliche Natur untersuchen. Unterschiede entstehen durch die Wahl der Leinwand. Illustration kann digital oder ganz traditionell mit Stift und Papier entstehen, beim Tätowieren ist das anders: meine “Leinwand” ist in dem Fall eine andere Person, dementsprechend nehme ich meine Verantwortung, ein Kunstwerk zu verewigen, das uns beiden gefällt, sehr ernst. Ich sehe Tattoos als eine Kollaboration zwischen mir, der Künstlerin, und meinen KundINNen. Manche Projekte lassen mir mehr Freiraum als andere, aber am Ende respektiere ich immer den Wunsch meiner KundINNen. Für freie Projekte nehme ich mir nebenbei genug Zeit, sodass mein Drang zur persönlichen, freien Entfaltung nie zu kurz kommt. Ich finde beides reizvoll: Vorgaben und künstlerische Einschränkungen können ganz neue kreative Ideen und Lösungsansätze zum Vorschein bringen, während meine freien Arbeiten oftmals ein Mittel zur Verarbeitung und Reflexion von inneren Konflikten sind.

Mit welchen Tools arbeitest du?

Heutzutage arbeite ich hauptsächlich digital. Egal ob Flashes zum Tätowieren oder meine eigenen Illustrationen, alles entsteht erstmal in Procreate auf meinem iPad. Das spart Zeit und Geld. Wenn ich mit dem Entwurf oder der Illustration zufrieden bin, nimmt diese oftmals weitere Formen an: als Tattoo auf der Haut meines Kunden oder als handgemachte Illustration auf Papier. Hier arbeite ich am liebsten mit einem Mix aus Farben: POSCA Markern, Gouache- oder Acrylfarben.

Du porträtiert auch Persönlichkeiten aus Musik und Film. Welche Kunstschaffenden haben dich für deine Werke am meisten inspiriert?

Ich bin ein großer Film- und Musikfan. Dementsprechend beeinflussen mich beiden Welten. Jedes Kunstwerk, das aus meiner Feder kommt, entsteht mit Musik. Künstler wie David Lynch, Jimi Hendrix, Nina Hagen, Jim Jarmusch, Patti Smith, sind nur wenige Beispiele von Personen, deren Kunst mich in meinem Leben bisher begleitet haben und - bewusst oder unbewusst - ihren Weg in meine eigenen Werke fanden.

Wann hast du das 1. Mal von CryptoArt gehört oder gelesen?

Ich wohne mit drei anderen CryptoArtists zusammen. Vor einem Jahr kam das Thema auf, anfangs habe ich es erstmal interessiert beobachtet, dann bin ich endlich auch auf den Zug gesprungen. Die größte Hürde war die technische und finanzielle Seite, ich hatte zwar schon von Bitcoin gehört, aber ich musste mich erstmal mit den weiteren Kryptowährungen auseinanderzusetzen und den Umgang mit ihnen verstehen.

Auf welcher NFT-Plattform hast du dann deine Werke zum Verkauf angeboten?

Neurocolor hat mir die Plattform KnownOrigin ans Herz gelegt und nach zwei Wochen bekam ich eine E-Mail mit der Zusage auf meine Bewerbung. Mein erstes Werk habe ich im Juni 2020 verkauft. Ich war relativ überrascht. Danach ging es langsam aber stetig bergauf. Weitere Plattformen folgten, Rarible und MakersPlace, und im Laufe der Zeit lernte ich, welche Plattform für welche Illustrationen am besten funktioniert, in welchem Preissegment ich meine Arbeiten platziere und wie ich mich selbst als Künstlerin positionieren möchte. Jeder Anfang hat Höhen und Tiefen, am Ende bin ich dankbar für all die neuen Dinge, die ich bisher gelernt habe.

Kennst du deine Collectors? 

Meine Kollektoren kommen aus ganz unterschiedlichen Kreisen und viele von ihnen sind über die Monate gute Freunde und Berater geworden. Einige von ihnen sind Künstlerkollegen, was mich besonders ehrt. Künstler wie luluXXX, Matt Kane, Bryan Brinkman, Sarah Zucker und viele mehr, deren Kunst ich selbst bewundere. Das ist immer ein besonderes Gefühl. Ich freue mich über die Vielfalt, die meinen Kollektorenkreis ausmacht und bin jedem einzelnen dankbar für die Unterstützung und das Vertrauen in meine Kunst, die ich über die letzten Monate erfahren habe.

Alle deine Werke auf KnownOrigin sind verkauft, herzliche Gratulation! Inwiefern beeinflusst dich das für dein zukünftiges Schaffen? 

Es ist ein großer Motivationsschub, ein Ansporn, weiter zu lernen, mich weiter als Künstlerin zu entwickeln und weiter zu kreieren. Am Ende werde ich immer Kunst machen, für mich allein oder für die Blicke anderer, aber die Bestätigung, dass andere Menschen etwas in meiner Kunst für sich selbst finden können, ist eine große Bereicherung für mich. Es gibt mir das Gefühl, dass, selbst wenn wir Kunst für uns alleine machen, und das etwas einsames haben kann, wir am Ende wieder miteinander verbunden sind: Der Künstler, der Betrachter. Und, seien wir ehrlich, ich freue mich sehr, dass das Bild vom brotlosen Künstler endlich ein Remake bekommt.

Bist du auch Besitzerin von NFT-Kunst?

Ja, und ich bin ziemlich stolz auf meine kleine Sammlung, die stetig weiter wächst. Gekaufte Werke, geschenkt, getauscht, gewonnen - mein NFT Archiv ist eine bunte Sammlung aus Erinnerungen, Freundschaften, Kollaborationen, besonderen Momenten und Bildern. Über die Zeit haben sich wertvolle Stücke angesammelt, die mir ans Herz gewachsen sind. Für alle Kunstliebhaber hat der Kauf deines ersten NFTs sofortigen Suchtfaktor.

Gibt es in Mexiko und Mittelamerika eine “CryptoArt-Szene”? Wie funktioniert der Austausch und die Vernetzung?

Ja, das Netzwerk hier ist ziemlich groß und die Kommunikation ist sehr offen und herzlich. Wir haben eine umfangreiche Telegram Gruppe mit Künstlern hauptsächlich aus Mexiko, und ich kenne viele weitere solcher Gruppen. Im März hatten wir eine Ausstellung in der Bitcoin Embassy Bar in Mexiko Stadt, CryptoArtists aus verschiedenen Ländern kamen hier zusammen. Es war großartig, die Personen hinter den Twitter Accounts live und in Farbe kennenzulernen. Jeder macht seine eigenen Erfahrungen zu Hause vorm Computer, hier konnte ich mich zum ersten Mal persönlich austauschen. CryptoArt ist für viele ein Rettungsschirm während der Pandemie geworden. Vor allem in den Ländern Süd- und Mittelamerikas, wo die Landeswährungen hoher Inflation ausgesetzt sind, haben CryptoArt und Kryptowährungen vielen Künstlern durch finanzielle Krisen geholfen.

Siehst du einen Trend für CryptoArt und NFT?

Im Moment dreht sich alles um den ökologischen Aspekt von NFTs und die Gaspreise. Künstler und Entwickler suchen nach anderen Chains als dem Ethereum-Netzwerk, wie z.B. Tezos, Hive, Wax. Bis die Frage nach der energetischen Auswirkung der Nutzung der Ethereum-Blockchain geklärt ist, sehe ich hier die größte Herausforderung. 

Für die entferntere Zukunft erwarte ich, ganz realistisch gesehen, dass die großen Spieler wie Facebook, Apple, Google, auf den Zug aufspringen und entweder eigene Plattformen in ihre Services integrieren oder schon bestehenden Plattformen übernehmen.

Ich denke wir werden auch sehr viel mehr Überschneidungen mit der Gaming- und Musikindustrie sehen, und spezialisierte Plattformen für unterschiedliche Arten von Diensten. Wahrscheinlich wird in Zukunft jede Versicherung, jeder Kaufvertrag für Immobilien, Autos, usw. mit Smart Contracts zusammenhängen..

Was hast du für Zukunftspläne?

Von meiner Kunst leben, mein eigenes Atelier/Studio haben, reisen und neue Dinge zu lernen. Eines meiner konkretes Ziele ist es, meine eigenen 4 Wände zu haben — eine Basis zu der ich mich zurückziehen kann wann ich möchte. Vermieter in Berlin sind keine freundlichen Gesellen und ich sehne mich nach dem Tag, an dem ich mich nicht mehr damit auseinandersetzen muss.

Welche Tipps und Tricks hast du für Neulinge in CryptoArt?

Engagiert euch in der Community. Geld ist nicht alles was CryptoArt zu bieten hat. Die besten Dinge sind umsonst: die Kontakte, Freundschaften, Kollaborationen, das Feedback, das man zurückbekommt wenn man sich in der Community engagiert, ist unbezahlbar. Engagiert euch auf Twitter, Discord, Telegram, die gesamte Kommunikation findet hier statt. Taucht ein und habt Spaß! CryptoArt ist eine globale Kunstbewegung die immer noch in den Kinderschuhen steckt und wir bauen sie hier gemeinsam auf.


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Ann ist Künstlerin aus Berlin, seit 5 Jahren lebt und arbeitet sie in Mexiko Stadt. 2015 hat sie ihr Studium an der Kunsthochschule Weißensee abgeschlossen. Im Anschluss ist Ann nach Mexiko gezogen, wo sie eine Ausbildung als Tätowiererin absolvierte und ihre zweite Heimat fand. Neben ihrem Beruf als freie Künstlerin war Reisen schon immer ein großer Teil ihres Lebens. Beides miteinander verbinden zu können ist ein großer Gewinn für sie. 

www.annahoy.de